Gast Beitrag von Elisabeth Militz
Am besten liest du zuerst den Artikel Stellungnahme SRF Sendung «Puls».
In den Medien, beim Sport, bei der Ernährung, beim Kleiderkauf wird mir oft signalisiert, dass nur ein schlanker, fettfreier und athletischer Körper schön und begehrenswert ist und die Möglichkeit bietet Erfolg, Disziplin, Lebensfreude und Leichtigkeit zu erlangen.
Körpern, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen und schwerer, weicher und runder sind wird im Gegenzug nicht nur aberkannt, dass sie schön, begehrenswert, erfolgreich, diszipliniert, lebensfroh und leicht sind.
In der SRF Puls-Sendung zu Gewichtsstigma spricht die psychotherapeutische Fachperson dicken Menschen sogar ab über sich selbst ein Urteil fällen zu können.
Auf die Frage der Moderatorin was denn aus dem Slogan Big is Beautiful geworden ist, antwortet die Psychotherapeutin: „Ja das ist so ein bisschen ein Schönreden. Ich denke, wenn eine*r wirklich einen BMI hat von der Kategorie von der wir heute reden, dann sind natürlich eine Fülle von Folgeproblemen damit verbunden, wie z.B. Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes…“
Mit dem Argument, dass das selbstermächtigende Motto Big is Beautiful ein „Schönreden“ sei, legitimiert die Psychotherapeutin nicht nur Gewichtsdiskriminierung bei dicken Menschen dadurch, dass sie dieses selbstermächtigende Motto Big is Beautiful herunterspielt und ihm seine Gültigkeit abspricht. Viel schlimmer und gewaltvoller ist es, dass sie dicke Menschen infantilisiert, d.h. zu Kindern macht, die ja noch nicht richtig einschätzen können, was gut und was schlecht ist, was richtig und was falsch ist, und deswegen auch kein Urteil über sich selbst und das sich-selbst-schön-finden fällen können.
Dadurch dass sie dem Slogan Big is Beautiful einerseits die Legitimität abspricht und das Motto gleichzeitig in den Zusammenhang mit Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck stellt, werden dicke Menschen auch pathologisiert, d.h. sie werden als krankhaft bewertet.
Dicksein schön finden, sich als dicker Mensch schön finden oder dicke Menschen schön finden, Big is beautiful, wird zu etwas Krankhaftem an sich, das es zu heilen gilt.
Gegen Gewichtsstigmatisierung und -diskriminierung zu kämpfen bedeutet für mich, diesen Zusammenhang zwischen dicken Körpern und Krankheit aufzugeben, damit dicke Menschen die Möglichkeit haben, sich genau wie straight-sized Menschen in ihrem Körper wohl und richtig zu fühlen und ihn als ihren richtigen Körper anzunehmen, so wie er ist.
Elisabeth Militz ist Forschende an der Universität Bern.
Auf ihrem Instagram Profil, berichtet sie über ihre Forschungsarbeit.